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Eine Straßenbahn zur Lichtwiese. Eine tolle Sache?

Eine Straßenbahn zur Lichtwiese. Tolle Sache?

Schon seit längerem wird der Bau einer Straßenbahnroute bis zur TU-/Mensa-Lichtwiese geplant. Was am Anfang nach einer einfachen und dankbaren Aufgabe aussah, entwickelt sich mit der Zeit immer wieder zum Konflikt Thema.

Am Mittwoch, den 15.02.2017, wurde die zweite Resolution im Studierendenparlament zur neuen „Lichtwiesen-Bahn“ verabschiedet, in der sich die Stuparier*innen erneut für den Bau ausgesprochen haben und nochmals die Notwendigkeit dieses Projekts betonen . Die erste längere Resolution und Pressemitteilung wurde bereits im Dezember 2015 veröffentlicht. Der nun verabschiedete Resolutionstext ist kurz und prägnant und liest sich wie folgt:

„Die Studierendenschaft der TU Darmstadt steht weiterhin hinter dem Bau der Lichtwiesenbahn zwischen der Haltestelle „Hochschulstadion“ und dem Hörsaal. Viele der Argumente der Pro-Lichtwiese sind nicht nachvollziehbar und beruhen auf Unwahrheiten. Zudem teilen wir die Bedenken der Initiative nicht und halten hingegen die Notwendigkeit des Baus weiterhin für gegeben.“

Die Notwendigkeit des Baus ist vor allem darin begründet, dass der Campus Lichtwiese derzeit nicht ausreichend an das ÖPNV-Netz angebunden ist. Zwar fährt im 5-Minuten Takt der K- oder der KU-Bus zur Mensa-Lichtwiese, jedoch ist dieser zu Stoßzeiten derart überfüllt, dass nicht selten Personen an Haltestellen zurückgelassen werden. Dies macht den ÖPNV unattraktiv und führt schnell zum Umstieg auf weniger umweltfreundliche Alternativen, wie das Auto.

Der Bau einer Straßenbahn, die eine gleichwertige Strecke befährt, ist daher die logische Konsequenz und die übliche Vorgehensweise zu Verbesserung des ÖPNV-Netzes. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie wurden daher mögliche Streckenverläufe erörtert und eine Verlängerung der Schienen von der Haltestelle „Hochschulstadion“ zur Haltestelle „Mensa-/TU-Lichtwiese“ als am besten umsetzbare Lösung, sowohl baulich als auch finanziell, und festgestellt.Eventuelle Einwände, der Weg zwischen Haltestelle „Hochschulstadion“ und Universität könnte auch zu Fuß zurückgelegt werden, ist nicht nur ausschließend gegenüber Personen mit Handicap, sondern übersieht auch, dass diese diese Möglichkeit bereits jetzt keine Alternative ist. Dies begründet sich besonders darin, dass der Fußweg zwischen der Haltestelle „Hochschulstatdion“ zum Campuszentrum, ebenso lang ist wie die Bahnfahrt vom Hauptbahnhof zur genannten Haltestelle, jeweils 15 Minuten .

Jedoch erscheint nicht allen Personen diese Argumentationskette als schlüssig und überzeugend, weshalb es bereits Proteste gegen den Bau der Straßenbahn gab. Vor kurzen hat sich zudem die „Bürgerinitiative Pro-Lichtwiese“ gegründet, die in einer Pressemitteilung 15 Punkte veröffentlicht hat, die gegen den Bau einer Straßenbahn mit diesem Verlauf sprechen sollen. Auf diese Initiative bezieht sich auch die Resolution des Studierendenparlaments.

Bevor diese Punkte genauer betrachtet werden und auf ihre Plausibilität geprüft werden können, möchte ich zwei Eindrücke teilen, die beim Lesen der Pressemitteilung auffallen.

So beginnt die Pressemitteilung mit dem Satz „Besorgte Darmstädter Bürger und Steuerzahler haben am 18. Januar 2017 eine „Bürgerinitiative Pro-Lichtwiese“ gegründet.“ Dieser einleitende Satz erinnert unangenehm an die „besorgten“ Bürger*innen die montags in Dresden demonstrieren. Auch der Stil des restlichen Textes kann diesen ersten Eindruck nur schwer ausräumen. Des weiteren fällt auf, dass die Argumente aus den verschiedensten Ecken zusammen getragen wurden um eine scheinbar umfassende Kritik zu äußern und auf Probleme hinzuweisen, die angeblich alle betreffen. So werden als Argumente zum Beispiel die Zerstörung der „englsichen Parkcharakters“ durch das Fällen der Bäume oder „das Zerschneiden des Freizeitparks und des Campus“ angeführt. Hierbei wird die Lichtwiese als „fabelhafter Landschaftspark“, der „zur Muße, Entspannung und Kommunikation und kreativ erfinderischer Reflexion einlädt“ und auf der „Kinder mit ihre Fahrrädern“ fahren, „andere […] Fußball oder Diskgolf“ spielen, „joggen oder Gymnastik üben“, auf romantisierende Art beschrieben. An anderer Stelle wir auf vermeintlich verfehlte Verkehrsplanung allgemein hingewiesen und versucht den Bau der Lichtwiesenbahn mit anderen noch nicht angegangen Projekten aufzuwiegen. Auch wird natürlich nicht darauf verzichtet die schönen „Und-das-wird-alles-aus-Steuergeldern-bezahlt“-Rufe anzustimmen. Dann wird noch versucht ein wenig Unmut zu erzeugen, indem man eine Überbelastung des Luisenplatzes herbeifabuliert, obwohl dort sogar die Belastung durch den KU-Bus wegfällt, und indem behauptet wird, es würde durch den Wegfall der Linie 2 zum Böllenfaltor zu Umstiegsschweirigkeiten ins Mühltal kommen. Gerade mit Letzterem wird sich auch bei der Projektplanung beschäftigt. Hier wird darauf hingewiesen, dass bereits jetzt lediglich die Linie 9 auf die Busse am Böllenfaltor abgestimmt ist und zudem das Problem der häufig verspäteten genannten Busse angegangen werden soll. Um auch wirklich möglichst wenige nicht mit emotionalen Halbwahrheiten anzusprechen, wird sich auch noch um die Pkw-Fahrer*innen gesorgt und eine den Bau der Straßenbahn als unverantwortliche Sicherheitsrisiko für Schüler*innen der Georg-Büchner-Schule dargestellt. Dabei gilt die gemeinte Kreuzung bereits jetzt als Gefahrenstelle, die durch die Umstrukturierung der Kreuzung entschärft werden soll.

Die Aufzählung vieler emotional aufgeladener Kritikpunkte ohne klare Sachargumente zählt leider zu Zeit wieder zu einer beliebten Strategie um Mitstreiter*innen zu gewinnen und sollte daher umso wachsamer machen.

Tatsächlich sind jedoch mit dieser Vielfalt an Scheinargumenten noch nicht alle Punkte abgedeckt, die die Bürgerinitiative anführt.

Besonders die ersten beiden Punkte „1. Fehlende Grundversorgung; geringer Auslastungsgrad“ und „2. Jämmerliches Nutzen-Kosten-Verhältnis“ wirken um einiges sachlicher und bedürfen daher einer gesonderten Betrachtung. Sie beziehen sich auf eine angeblich geschönte Kosten-Nutzen-Untersuchung (NKU). Es wird dem Zentrum für integrierte Verkehrssysteme (ZIV) vorgeworfen überhöhte Fahrgastzahlen verwendet zu haben und die im Lauf der Planungsphase gestiegenen Baukosten nicht berücksichtigt zu habe. Die überhöhten Fahrgastzahlen versucht die „Bürgerinitiative Pro-Lichtwiese“ durch eine Grafik zu verdeutlichen, in der sie aufzeigt, dass die Fahrgastzahlen überproportional um 75% von der Studie 2012 zur Studie 2016 angestiegen seien.In dem sehr ausführlichen Dokument zur NKU wird der relativ hohe Anstieg unter anderem mit dem Bau des HMZs, der Einführung des Jobtickets und einer neuen Parkraumbewirtschaftung erklärt.

Es ist anzunehmen, dass die gestiegenen Investitionskosten sich deshalb nicht wesentlich in einem schlechteren NKU-Faktor ausdrücken, da es sich zum einen Teil um Investitionen handelt, die nicht direkt mit dem Bauvorhaben zu tun haben und daher nicht hin eingerechnet werden, und zum anderen Teil die erhöhten Investitionskosten durch erhöhte Fahrgastzahlen ausgeglichen werden. Allgemein sei hier angemerkt, dass die Bereitstellung von ÖPNV-Netzen fast nie ein finanziell selbst tragendes Unterfangen ist. Der NKU-Faktor ist daher nicht eine reine Summierung von Kosten und Nutzen, im Sinne von Einnahmen, sondern er betrachtet den volkswirtschaftlichen Nutzen.

Der 5. Punkt fällt, wie auch schon oben aufgezählte Punkt, in die Kategorie „Emotionalisierung und Populismus“. Es wird versucht mit Scheinalternativen, wie der Nutzung von E-Bussen und dem Verteilen von 3€-Mensa-Gutscheinen aus dem vermeintlichen Gewinn, Stimmung zu machen. Wie anfangs bereits angemerkt können Busse die Auslastung des Netzes nicht tragen.

Der Punkt „6. Gefährdung von Forschung und Lehre“ scheint fast noch am interessantesten. Tatsächlich gab es Proteste einiger Professor*innen, die darauf abzielten, dass eine zu nah vorbeifahrende Straßenbahn die Forschung gefährden würde. Daraufhin wurde der Streckenverlauf überarbeitet und eine besondere Federung der Bahn eingeplant. Hierbei ist auch weiterhin eine stetige Kommunikation zwischen Fachbereichen, Präsidium und der Stadt Darmstadt notwendig. Jedoch zu behaupten, dies sei ein Grund das Projekt zu verwerfen, verfehlt leider wieder den Einbezug der Faktenlage. Die aktuell zu erwartenden Erschütterungen werden wohl an den kritischen Punkten nicht stärker sein als diese der VIAs und der Straßenbahnlinien 2 und 9 es jetzt sind.

Die weiteren Punkte lassen sich beim Lesen schnell entkräften oder wurden oben bereits angerissen.

Sicherlich gibt es noch viele tatsächlich valide Kritikpunkte am Planungsverlauf und am aktuellen Stand der Planung. Es ist aber keine Lösung eine noch nicht abgeschlossenes Projekt zu verwerfen, weil es Feinheiten noch ausgelotet werden müssen. Auch die sich häufig schnell einstellende Kontra-Haltung zu hohen Investitionskosten und Veränderungen allgemein sollte abgelegt werden, da die aktuelle Anbindung der Lichtwiese so nicht tragbar ist. Es bedarf also so oder so einer Veränderung. Der Bau einer Straßenbahn mit vorgesehener Streckenführung wurde dabei als die beste Lösung herausgearbeitet. Nun gilt es Bedenken einzelner Interessengruppen auszuräumen und die konstruktiven Anmerkungen in die Detailplanung einfließen zu lassen.