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Tag der Lehre 2020

Tag der Lehre 2020

Am 20. November 2020 fand wieder der Tag der Lehre und die Verleihung des Athene-Preis für Gute Lehre statt. Dieses Jahr in Anbetracht der Lage online. Und auch die Studierenden kamen wieder zu Wort. Und Franziska Chuleck fand die richtigen Worte um die aktuelle Situation für Studierende und die Notwendigkeit für Verbesserung zu beschreiben:

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Franziska Chuleck und ich spreche zu Ihnen als AStA-Referentin, als studentisches Mitglied im inQM-Beirat, aber vor allem als Studentin der TU Darmstadt.

Das vergangene Semester war für Lehrende wie für Studierende eine große Herausforderung. Innerhalb kürzester Zeit mussten alle Inhalte digitalisiert, Lehrformate angepasst und Lernmaterialen überarbeitet werden. Didaktik und richtig eingesetzte Tools und Plattformen spielen dabei eine große Rolle. Die E- und Mediendidaktik ist ein noch recht junges Forschungsfeld, deren Erkenntnisse bisher in der Breite der Lehre auch noch nicht angekommen ist. Dennoch haben viele Lehrende, Professor:innen, wissenschaftliche Mitarbeitende und studentische Tutor:innen, großes Engagement und viel Kreativität bewiesen, um die Lehre im vergangenen und auch in diesem Semester zu ermöglichen. Es wurden innovative Wege beschritten, um den Studierenden beispielsweise in Praktika die wichtigen Kompetenzen zu vermitteln, ohne dabei Lehrende und Studierende zu gefährden.

Diese Ansätze, die in unterschiedlichen Formen entwickelt wurden, müssen nun weiter gefördert werden. Sie müssen allen Studierenden zur Verfügung stehen, um auch in den neuen Formaten der digitalen Lehre den Studienerfolg zu ermöglichen

Doch bei aller Euphorie über die Erfolge des Digitalen Semester, müssen wir uns auch mit Kritik und Problemen auseinander setzen.

Es erreichen uns immer mehr Berichte über den gestiegenen Workload. Die ausgefallene Vorlesungswochen zu Beginn dieses und des letzten Semesters werden oftmals durch ein mehrfaches der ausgefallenen Termine ersetzt. Die von den Lehrenden geforderten Leistungen durch Abgaben, Hausarbeiten und Testate sind häufig deutlich mehr geworden. In manchen Fällen hat sich die Anzahl der notwendigen Abgaben verdoppelt. In weniger Zeit wird mehr gefordert. Fast, als hätten die Lehrenden Angst, durch die digitale Lehre würden wir Studierende weniger arbeiten. Dabei sind wir auch schon ohne zusätzliche Vorlesungstermine oder Abgaben mit dem Grundstock der Lehre beschäftigt.

Für den Infektionsschutz ist es wichtig, dass die Lernzentren und anderen Arbeitsmöglichkeiten geschlossen sind. Doch für uns bedeutet das, dass wir andere Möglichkeiten suchen müssen, um mit Kommiliton:innen zusammen zu arbeiten. Ein digitales Semester bedeutet auch lernen und lehren im Luft leeren Raum. Vernetzungs- und Zusammenarbeitsmöglichkeiten fallen weg. Dabei ist es dringend notwendig mit Kommiliton:innen über die Aufgabenstellungen für Abgaben zu reden. Hier wäre mehr Unterstützung – auch technischer Natur! – seitens der Universität, aber auch der Lehrenden dringend notwendig. Bereits existierende Möglichkeiten dazu müssen den Studierenden nahe gebracht werden. Sie müssen dort abgeholt werden, wo sie sind – in den Vorlesungen, in den Übungen und in den Moodle-Foren.

Bedauerlich ist es auch, dass viele Lehrende notgedrungen die Nachteile der digitalen Lehre in Kauf nehmen müssen, jedoch die Chancen nicht nutzen, die sich bieten. So werden häufig Live-Vorlesungen durchgeführt, die nicht aufgenommen werden. Damit werden Studierende, die Überschneidungen mit anderen Veranstaltungen oder schlicht eine schlechtere Internetverbindung haben, ausgeschlossen. Der Vize-Präsident für Lehre kann, wie mir berichtet wurde, aus eigener Erfahrung sagen, wie unangenehm es ist, vom eigenen WLAN aus einer Sitzung geworfen zu werden.

Das vergangene Semester hat erwartungsgemäß viel von den Lehrenden und Studierenden gefordert. Es hat aber auch viele Probleme zu Tage gefördert, die zuvor nicht bewusst waren.

Durch die Schließung der Lernzentren ist für die Studierenden nicht nur ein wichtiger Vernetzungs- und Arbeitsort entfallen. Damit fehlt auch die räumliche Trennung zwischen Arbeit und Freizeit. Der Raum, in dem ich schlafe, ist der selbe Raum in dem ich für das Studium lernen. Ruhezeiten, wie der Lauf- oder Fahrtweg zur Uni, der Gang in die Mensa oder einfach einen Kaffee im 221qm trinken, entfallen dadurch ersatzlos.

All das – die fehlenden Vernetzungs- und Arbeitsräume, die Auflösung der Trennung von Arbeit und Freizeit, die entfallenen Ruhezeit und die gestiegenen Anforderungen der Lehrenden – führt zu einer Überlastung der Studierenden. Zusammenbrüche durch diese Überlastung sind für viele Studierende zur Normalität geworden. Schlafprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten, Weinkrämpfe und ähnliches sind am Ende die Konsequenz. Sie führen zu abgemeldeten Prüfungen, da Studierende sich unsicher sind, ob sie bei diesem Druck die Prüfung bestehen können.

Die Innovation in der Lehre darf deswegen auch nicht bei den Vorlesungsformaten enden. Während andere Hochschulen mutige Wege gehen, um eine Diversität der Prüfungsformen für alle Studierende zu gewährleisten, schließen an der TU Darmstadt immer noch die Mehrheit der Veranstaltungen mit einer Klausur ab. Bei den meisten Veranstaltungen gäbe es völlig andere Prüfungsformate, die deutlich besser zu den vermittelten Kompetenzen passen. Eine Klausur als Prüfungsform zu wählen, weil diese einfacher zu korrigieren ist und damit der Aufwand für die Lehrenden geringer ist, ist einer Universität unwürdig.

Dabei hat das digitale Semester gezeigt, wie wichtig Innovation in der Lehre ist. Bei diesen Entwicklungen dürfen die Studierenden jedoch nicht alleine gelassen werden. Es muss Hilfe zur Selbsthilfe im Zusammenhang mit dem lernen im digitalen geschaffen werden.

Bestehende Angebote müssen publik und bekannt gemacht werden. Ob es die Abmeldungen von Prüfungen, die Weiterbildungsangebote der HDA oder die allgemeine Policy der Universität betrifft. Wenn ich als Studentin nicht weiß, dass diese Angebote und Informationen existieren, kann ich auch nicht danach suchen. Die Studierenden und Mitarbeitenden müssen in der Kommunikation der Universität auch dort abgeholt werden, wo sie sind. Wenn die Informationen möglichst viele Mitglieder der Universität erreichen sollen, muss ein entsprechender Kommunikationskanal gewählt werden. Eine offene und permanente Kommunikation mit allen Mitgliedern der Universität ist unerlässlich für den Umgang mit einer Krisensituation.

Vor allem aber muss die Belastung der Studierenden zurück gefahren werden. Wir Studierenden wollen uns bilden, ertrinken jedoch in einer Flut an Abgaben, die es schier unmöglich erscheinen lässt, die Zeit zu finden, um frisch erlerntes Wissen zu festigen. Die Kritik der Studierenden an einer zu hohen Belastung muss von der Universität und den Lehrenden ernst genommen werden.

Dass gute und innovative Lehre möglich ist und an der TU Darmstadt umgesetzt wird, zeigen die heute zu verleihenden Lehrpreise. Kompetenzorientiertes Lernen, Lehren und Prüfen ist möglich – in der Präsenz- und der digitalen Lehre.

Vor diesem Hintergrund gratuliere ich allen Preisträger:innen sehr.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

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